Samstag, 29. Dezember 2012

Once upon a time

Es gab eine Zeit in meinem Leben, ein recht kurzes Zeitfenster, in dem eigentlich alles gut war. Ich wusste noch nicht, dass meine Mutter nur eine Mutter, und keine Mama war. Ich wusste noch nicht, dass mir mein Papa fehlte. Ich hatte noch eine fast intakte Familie.
Ich habe dieses Bild im Kopf, wo ich mittags von der Schule nach Hause kam, mich an den Esstisch im Wohnzimmer setzte und zu Mittag aß. Die Sonne schien durch die Fenster rein, und mein Wasser warf schillernde Reflektionen des Lichts auf die Möbel. Danach holte ich meinen grünen Schulranzen mit den Dschungeltieren drauf und begann meine Hausaufgaben, während meine Mutter irgendetwas Sinnvolles tat; nebenbei lief der Fernseher. Ich weiß noch, dass meine Hefte immer am Tisch kleben blieben und wenn ich sie abzog, blieb ein bunter Abdruck auf ihm zurück.
Ich vermisse meine Vergangenheit, ich vermisse sie so sehr. Was würde ich dafür geben, die Zeit zurückdrehen zu können. Damals war alles noch so einfach. Oft ging ich spontan mit zu meiner besten Freundin J. mit nach Hause; sie wohnte in meiner Parallelstraße. Dann riefen wir einfach meine Mama an und sagten kurz Bescheid, und es war immer in Ordnung. Noch öfter kam J. spontan mit zu mir, auch das war kein Thema. Wir spielten dann draußen, mit Kreide, Puppen, Tieren, Natur. Dafür durften die "Hausis" auch gerne mal warten. Und trotzdem war ich gut in der Schule.

Ich weiß, dass es nicht guttut, sich an Vergangenes zu klammern, und dass man auch neue Erinnerungen schaffen kann und muss, aber zur Zeit fällt es wieder so schwer.
Ich möchte wieder Kind sein, möchte meine Familie zurück, meine Unwissenheit über all die Intrigen. Meine kindliche Unbeschwertheit, als mein größtes Problem darin bestand, endlich den Mut aufzubringen, meinem Schwarm den Liebesbrief vor die Tür zu legen. Es war orangenes Papier, und ich hatte den roten Lippenstift meiner Mutter stibitzt, um einen Kussmund darauf pressen zu können. Natürlich hatte ich den Brief nicht mit Namen unterschrieben, das wäre viel zu peinlich gewesen. Der Junge kam aus meiner Nachbarschaft, er war ein Freund von mir. Das lange Zeit peinlichste Erlebnis meiner frühen Jugend war, als er mich zu sich zum Mittagessen einlud und es Brathähnchen gab. Wir waren beide von oben bis unten damit beschmiert, klar, aber es war mir sehr peinlich.
Natürlich wusste oder ahnte er sofort, dass der Brief von mir war, und er zog mich etwas damit auf. Und natürlich stritt ich alles ab und lief dabei rot an wie eine überreife Tomate.
Hach ja, Kind möchte man nochmal sein.

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