Montag, 12. März 2012

The two of us

Ich bin einerseits sehr oberflächlich. Ich liebe es, zu kaufen. Ich liebe es, mir von Verkäuferinnen in den Arsch kriechen zu lassen. Ich gebe gerne Geld aus. Für Dinge, die ich nicht brauche. Ich liebe es, mich aufzuhübschen; am liebsten mit vielen verschiedenen, teuren Sachen. Ich liebe es, Dinge, die ich (mir gekauft) habe, anderen zu zeigen. Ich mag schöne Sachen.
Ich bin einerseits sehr faul. Ich liebe es, wenn andere Leute Dinge für mich erledigen. Ich liebe es, nichts zu tun.
Ich bin einerseits sehr egoistisch. Manchmal sogar doppelmoralisch.
Ich wäre, glaube ich, gut geeignet für die Rolle eines oberflächlichen, reichen Heimchens. Richtig klischeehaft: Der Mann bringt das Geld nach Hause, und zwar möglichst viel davon, damit die Frau es mit beiden Händen ausgeben kann für Kleider, Schuhe, Kosmetik, Wellness. Und ein paar wohltätige Zwecke natürlich, des Gewissens wegen. Man hat ein schickes Dach über dem Kopf, Putzfrau und Gärtner, da man es natürlich schön haben will, und zwar möglichst bequem. Um Probleme anderer kümmert man sich nicht, man ist mit sich selbst beschäftigt. Um die Welt macht man sich natürlich schon gar keine Gedanken, geschweige denn um Dinge wie den Sinn des Lebens, den Werteverlust der Gesellschaft oder dergleichen. Man ist schließlich zu beschäftigt damit, beschäftigt zu sein; da bleibt keine Zeit. Man umgibt sich mit Materiellem, denn auf Menschen ist grundsätzlich kein Verlass; sie machen auf Dauer nicht glücklich. Daher sucht man sein Glück woanders. Ein Leben voller schöner Dinge. Man hat nie etwas getan und ist doch so wichtig. Geld regiert die Welt, nicht wahr?
Einerseits.

Und was ist mit andererseits?

Was passiert mit dem Teil von mir, der sich gegen an Tieren getestete Kosmetik ausspricht, der Fleischessen moralisch verurteilt, der mit anderen mitfühlt und sich für sie einsetzt, der an eine bessere Welt glaubt, der etwas verändern will, der sich um alles viel zu viele Gedanken macht und das gut findet, der an sich arbeitet, um ein besserer Mensch zu werden, der keinen Wert auf Besitz, sondern auf Glückseligkeit legt und daran glaubt, diese trotz und vor allem mithilfe anderer Menschen erreichen zu können?
Verschwindet er? Muss es einen Kampf zwischen meinen beiden Ichs geben, den nur ein Teil gewinnen kann, und der Sieger bringt den anderen unwiderruflich um? Oder können beide parallel existieren? Wäre ich dann die personifizierte Doppelmoral?

Heute hat 'einerseits' gewonnen, auf ganzer Linie.
Doch wer wird sich letztendlich durchsetzen? Wer wird schlussendlich siegen?

Wer will ich sein, und wer werde ich sein?

oder
?





Und wieso musste ich, als ich mich das gefragt habe und während ich dies schreibe, ständig an F. denken?

Ich hätte ihn gerne angerufen und ihm all das erzählt, aber erstens könnte er sich ja melden, wenn er Kontakt wollte, denn ich habe angerufen und seitdem hat er nicht zurückgerufen oder geschrieben. Und zweitens wäre es unfair und egoistisch von mir, ihn anzurufen. Denn ich würde ihn wohl nur anrufen, weil ich niemanden sonst habe, dem ich es erzählen könnte. Ich zweifle derzeit wieder. Und ich frage mich, ob ich zweifeln darf. Denn erst wollte ich mir das Zweifeln verbieten, aber dann dachte ich, dass man keine Möglichkeit hat, sich weiterzuentwickeln, wenn man sich das Nachdenken über den Status Quo verbietet. Tja, und nun hab ich den Salat. Ich zweifle wieder an uns; diesmal aber nicht wegen ihm, sondern wegen mir. Ist er mein Lückenbüßer, bis ich jemanden habe, der besser zu mir passt? Ich kann es nicht beantworten. Ich bin nicht sicher, ob er seinen Status in meinem Leben behalten würde, wenn es noch jemand Wichtiges darin gäbe, der sich mehr mit mir beschäftigen würde als F. es tut. Ich habe die Befürchtung, dass er im Grunde zweite Wahl für mich ist. Und solange ich das nicht ausschließen kann, wäre es unfair, ihn als Freund in Anspruch zu nehmen, daher versuche ich derzeit, mich von ihm fernzuhalten; zumal er den Kontakt ja - aus welchen Gründen auch immer - ebenfalls nicht sucht.
Dennoch bin ich der Meinung, dass wir viel gemeinsam haben, F. und ich, und dass daher - zumindest von meiner Seite aus - eine recht starke Bindung besteht. Und genau deshalb kann ich meine ständigen Zweifel nicht zuordnen. Er ist mir so wichtig. Aber wo kommen die Zweifel her?
Starke Zuneigung = starke Zweifel? Und wenn ja, warum?
*seufz*

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