Mittwoch, 7. September 2011

Wenn guter Rat teuer ist

Ich weiß wirklich nicht, was ich an ihm finde.
Es ist kein Verliebtsein.
Es ist keine Freundschaft, denn die haben wir nach meiner Definition von Freundschaft nicht.

Ich glaube, es ist die Hoffnung auf Freundschaft. Oder mehr. Whatever.
Es ist die Hoffnung, dass er sich ändert.
Mehr als einmal hat er schon gesagt, dass er sich gebessert habe in Punkten, die mir widerstreben. Noch öfter hat er allerdings gesagt, dass er sich nicht ändern wolle. Ständig zeigt er mir durch sein Handeln, wie egal ich ihm bin. Gerade wieder.
Und ich weiß es einfach nicht. Ich weiß einfach wirklich nicht, wieso ich mir das immer noch antue. Das ist keine Freundschaft. Das ist dreist. Das ist unhöflich. Das ist demütigend. Das tut weh.

Es ist die Hoffnung, wenn er als einziger fragt, ob ich Zeit habe. Es ist die Hoffnung, wenn er als einziger etwas zu meinem Haar sagt. Es ist die Hoffnung, wenn er meine Gedanken liest. Es die Hoffnung, wenn er mir verzeiht, was er anderen nicht verzeiht. Es ist die Hoffnung, wenn er mir anvertraut, was er anderen nicht anvertraut. Es ist die Hoffnung, wenn er sich überhaupt meldet.

Wie bitter es ist, sich eingestehen zu müssen, dankbar zu sein, allein weil er sich meldet. Ich sollte mich nicht freuen, weil sich jemand bei mir meldet. Es sollte selbstverständlich sein. Ich sollte einem Treffen nicht zustimmen, weil ich denke, dass er im Falle meiner Absage beim nächsten Mal gar nicht mehr nachfragt.

Es ist die Enttäuschung, wenn er fragt, wann die letzte Bahn fährt. Es ist die Enttäuschung, wenn wir gleichzeitig  "getrennt" sagen. Es ist die Enttäuschung, wenn er von ihr erzählt. Es ist die Enttäuschung, wenn ich andeute, gerne noch woanders hingehen zu wollen, er nur semi-begeistert reagiert und dann, sobald ich weg bin, mit einem seiner Kumpels weiterzieht. Es ist die Enttäuschung, wenn er mich dafür sitzenlässt. Es ist die Enttäuschung, wenn ich morgens aufstehe und kein Michael-Jackson-Cover auf meiner Pinnwand vorfinde. Es ist die Enttäuschung, wenn er lacht und sagt, er wisse, dass er gerade scheiße zu mir sei.

Ich frage mich, ob es ihm tatsächlich egal ist. Ich frage ihn danach und er antwortet mit der Gegenfrage, was er darauf denn nun sagen solle. Ist das ein 'Ja, es ist mir egal, aber das klingt so hart, deshalb will ich's so nicht sagen', oder ist es ein 'Nein, es ist mir nicht egal, aber das kann ich nicht zugeben, sonst wirke ich wie ein Weichei'? Ich glaube, es ist ersteres. Täte es ihm leid, wäre er ja gar nicht erst so scheiße.
Und welchen Sinn hat eine Freundschaft, in der der eine bewusst scheiße zu dem anderen ist?
Welchen Sinn hat Freundschaft für ihn eigentlich überhaupt?
Er legt Wert auf Loyalität. Schwachsinn in seinem Fall, aber okay, lassen wir das so stehen. Aber was sucht er in einer Freundschaft? Kein Vertrauen scheinbar, denn voll vertrauen tut er wohl keinem seiner Freunde. Oberflächlichen Trashtalk und Gesellschaft für Kneipentouren findet man auch in flüchtigen Bekanntschaften, dafür braucht man keine Freunde.
Ich verstehe es nicht.
Man ist nicht immer wieder grundlos bewusst scheiße zu seinen Freunden und lacht nur darüber.
Man unterhält aber auch kein Verhältnis, wie wir es pflegen, zu jemandem, den man nicht zu seinen Freunden zählt.
Es ist einfach kompletter Irrsinn. Absolut antithetisch.

Was mache ich nun damit?
Oft denke ich, ich bin ihm auch wichtig. Es gibt viele Momente, in denen ich mich glücklich schätze und finde, es ist gut wie es ist und wir machen Fortschritte in dem, was wir tun.
Noch öfter allerdings denke ich, ich bin ihm total egal. Dann weiß ich nicht, was er eigentlich von mir will, wieso er mich nicht einfach in Ruhe lässt, wieso ich ihn nicht einfach in den Wind schieße.
Es wäre so viel einfacher, wenn er mehr mit mir reden würde.
Ich frage ihn, wieso er sich heute mit mir getroffen hat. Die Antwort besteht aus einem "Sage ich nicht". Sehr gut. Damit kann ich sehr viel anfangen.
Heißt das nun etwas Positives, was er wieder nicht zugeben will, um nicht schwach dazustehen, oder heißt das etwas (für mich) Negatives, was er wegen mir nicht zugeben will? Wäre es etwas Negatives, wieso trifft er sich dann überhaupt mit mir? Langeweile? Er hat sicher noch andere Beschäftigungen. Banana Daiquiri? Könnte er sicher auch mit einer anderen Begleitung oder alleine trinken.  Ist es etwas Positives bzw. nichts Negatives, was hat er dann für ein Problem damit, mir einfach meine Frage zu beantworten?
Er möge mich sehr, schrieb er Lisa. Wieso kann er es mir nicht sagen? Wieso verhält er sich mir gegenüber manchmal so verletzend? Er weiß es doch.

Und doch will ich ihn eigentlich auch nicht so sehr auf eine Antwort drängen. Ich will ihn nicht 'verscheuchen'. Das erinnert mich teilweise an den Umgang mit einem scheuen Tier, das erst zahm werden muss, das erst merken muss, dass man ihm nichts Böses will, dass man es gut mit ihm meint, dass man es gern hat. Es ist ein Kampf für mich. Einerseits will ich Antworten einfordern, weil es ohne sie nicht weiter geht, andererseits habe ich Angst, es geht erst recht nicht weiter, wenn ich darauf dränge. Und ich will ihn ja eigentlich auch nicht zu Antworten 'zwingen', die ihm (derzeit noch?) unangenehm sind. Ich habe nur das Gefühl, dass ich diese Antworten für mich ziemlich dringend brauche.

Ich kriege einfach diese Spannung aus unseren Treffen nicht heraus. Ich war heute verhältnismäßig sehr entspannt, auch innerlich. Trotzdem phasenweise hibbelig, alkoholbedingt, aber entspannt. Dennoch war die gewohnte Spannung da. Es liegt also nicht an meiner inneren Unruhe. Ich fühle mich nicht gänzlich wohl in seiner Gegenwart. Ich bin darauf bedacht, nichts 'falsch' zu machen, keine Missgeschicke, nicht allzu hektisch zu sein, einen relativ positiven Eindruck zu hinterlassen. Ich will nicht auf so etwas bedacht sein. Bei keinem meiner anderen Freunde bin ich bewusst darauf bedacht. Bei keinem meiner anderen Freunde suche ich so lange nach Gesprächsthemen. Mit keinem meiner anderen Freunde finden ausschließlich so oberflächliche Konversationen statt. Geht die angespannte Stimmung vielleicht von ihm aus?
Mit meinen anderen Freunden pflege ich sehr viel mehr Körperkontakt, männlich wie weiblich. Man nehme zum Vergleich nun C., weil Mann. C. nimmt mich zur Begrüßung immer erstmal in den Arm. Das ist eine richtige Umarmung, nicht diese oberflächliche 'Bloß-nicht-zu-nahe-drankommen'-pseudo-Umarmung. Berührungen lockern einfach sowas von die Situation auf, das kann man sich kaum vorstellen. Jetzt, wo ich bewusst darüber nachdenke, fällt mir erst einmal auf, wie oft C. und ich uns eigentlich irgendwie berühren. Es passiert so oft einfach zwischendurch, dass er mich in die Seite kneift oder mir eine Hand auf den Arm legt oder dergleichen. Es kam einfach irgendwann dazu, ohne dass es zu dieser peinlich-verlegenen 'Oh-das-andere-Geschlecht-hat-mich-berührt-hoffentlich-denkt-sich-jetzt-niemand-was-dabei'-Situation gekommen wäre. Zu keinem anderen Mann habe ich ein derart entspanntes Verhältnis wie zu C. Ach, ich wünschte, es könnten nur alle Männer so unkompliziert sein wie C.
Back to topic: Bei C. kam es, wie gesagt, nie zu dieser peinlich-verlegenen 'bloß-nicht-falsch-verstehen'-Situation. Bei F. ist sie bereits da, wenn ich nur darüber nachdenke, ihn in den Arm zu nehmen. Und ich kann nicht einmal sagen, woran es liegt. Ich vermute, es ist meine Unsicherheit, was seine Zuneigung angeht. Ich bin wohl ziemlich sicher, dass er es falsch verstehen würde, oder es ganz furchtbar fände. Ich habe den Eindruck, er ist ganz und gar nicht der Typ, der auf Körperlichkeit zwischen Freunden steht. Er hat meine These bzw. meinen Eindruck selbst zwar bereits verneint bzw. falsifiziert, ich bleibe dennoch dabei.

Wie dem auch sei, zwei Probleme bleiben:

Wie bekomme ich die Spannung aus den Treffen?

Wie gehe ich mit seinem Verhalten mir gegenüber um?

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